Warum das Sammeln alter Radios so interessant ist.
1) Persönliche Begründung: Es gibt sicher verschiedene Motive, sich mit dem Sammeln alter Radios zu beschäftigen. Ich will hier (nicht nur) meine Gründe vorstellen. Warum das ganze? Weil ich immer wieder einmal danach gefragt werde, was dazu fuehrte nachzudenken, wie das bei mir war. Nun gut, dann wollen wir mal........
Es war einmal....... ein Junge, der krank (Erkältung) im Bett lag und sich langweilte. Seine Mutter kam eines Tages ins Zimmer und brachte einen kleinen braunen Kasten mit und stellte ihn neben das Bett. Der Stecker wurde in die Steckdose gesteckt und ein Knopf gedreht. 20 Sekunden später wurde das Zimmer von Musik und Sprache erfuellt. Das Radio hieß Siemens SB460GW.
S E N S A T I O N !!! Der kleine Junge war vor Begeisterung hin und weg. Auf einmal war Kranksein so schön, er hörte vom Morgen bis zum Abend Radio........ Ja, der kleine Junge war ich, abgespielt hat sich das Winter 1957. Bis dahin kannte ich Radios nicht, meine Mutter (meine Eltern lebten getrennt) hatte kein Radio. Diese Krankentage im Bett mit dem Radio und der nicht enden wollenden Unterhaltung stellten bei mir die Weichen für ein Leben mit und um das Radio. Man darf nicht vergessen , zu dieser Zeit gab es kaum Werbung im Radio und Wortsendungen hatten Hochkonjunktur in Berlin zur Zeit des 'Kalten Krieges'. Es wurde also nicht nur ständig Musik gedudelt. Hörspiele, Quizz-Sendungen, Reportagen - alles hochspannend. Schon am zweiten Tag (4.10.1957) meiner Hörer-Laufbahn gab es im Radio die Berichte über den berühmten Satelliten Sputnik, dessen Piep-Piep natürlich vom Rundfunk übertragen wurde. Wahnsinn.
Es dauerte nicht lange und mir fiel ein Micky-Maus-Heft in die Hände, in dem der Bau eines Detektor-Empfängers beschrieben wurde. Schon einige Tag später (nach einigen BastelMißerfolgen damit) spielte das kleine Ding bei mir nachts heimlich unter der Bettdecke. Diese Detektor-Bastelei hat mich bis heute nicht losgelassen. Bald bekam ich ein zusätzliches kleines Transistor-Radio (Siemens RT10) geschenkt, Musik und Information nun auch unterwegs beim Radfahren. Mein Vater hatte zu dieser Zeit schon den Akkord Trifels, ein Kofferradio mit Röhren und Transistoren, dass auf einer Reise zum Ostseebad Dahme im Wohnwagen und im Mercedes 180D guten Empfang brachte.
Na, so ging es immer weiter. Das Radio brachte intensiver als der Fernseher (den gab es bei uns ab 1960, (als Imperial-Standgerät) die weite Welt ins Zimmer. Die Berlin-Krise, der Mauerbau, der Präsident Kennedy - Besuch, die Kuba-Krise, die Atombomben-Versuche, der Tod Kennedy's und seines Brudes, die Mondlandung, usw., usw., usw. wurden (teilweise leider) durch das Radio nahe gebracht.
Gern denke ich an die Abende vor der <-- Musiktruhe von Imperial und später vor dem Telefunken Opus 2650 zurück, wo man im halbdunklen Wohnzimmer saß und ein Hörspiel des RIAS der Serie 'Es geschah in Berlin' verfolgte. Ich sehe noch genau die erleuchtete Skala und das hell glimmende Magische Auge vor mir.
Von meinem Vater bekam ich ein tolles japanisches Transistor-Radio (fast ein "Weltempfänger) geschenkt, mit dem es bei einer Klassenfahrt möglich war, in Kronach / Franken den Berliner RIAS zu hören. (Übrigens konnte ich in Kronach zum ersten Mal ein Rundfunkgerätewerk von Löwe Opta besichtigen). In unserer Familie gab es also bald recht viele Radios.....
1964 machte ich diese Leidenschaft zum Radio und Rundfunk zum Beruf und begann eine Lehre als 'Rundfunk- und Fernsehtechniker'. Für viele Jahre war ich in diesem Beruf tätig und habe noch gelernt, die alten 'Holz'-Radios unter der strengen Aufsicht von Meister Liepowski zu reparieren.
2) Allgemeine Begründung: Die Radio-Oldtimer sind ein Stück Technikgeschichte, aber auch Zeitmaschinen, die mich gedanklich in die vergangenen Jahrzehnte versetzen können. Nostalgie, Rückwärtsgewandtheit ? Kann sein, macht nichts.
Technisch gesehen waren Radios über Jahrzehnte die komplexesten Gegenstände im Haushalt neben guten Photoapparaten und später Fernsehern und noch später Video-Rekordern und noch viel später den Computern.
Die 'alten Kisten' haben oft noch einen guten Klang, wer schon einmal einen Saba Freiburg 125 gehört hat, weiß wovon ich rede.
Und gut sehen sie aus, die Holz-Primaballerinen der Rundfunktechnik. Da kann so eine no-name Hifi-Anlage heutiger Bauform einfach nicht mit.
Insbesondere die Holz- und Bakelit-Radios waren als Tischgerät und Truhe noch "richtige" Möbel und zierten die Wohnungen. Für junge Menschen vielleicht sogar "kultig" bis "krass". Und der berühmte "warme" Ton der Holz/Röhrenradios macht auch heute noch was her.
Na, spüren Sie schon den Stachel der aufkeimenden Begeisterung für die Radio-Oldtimer in sich? Fein.
Lohnt es, Radios - die "nur" LW/MW/KW empfangen können, nach 2015 zu sammeln? ... mehr
1998 / 23.01.2014
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