Fernseh-Ton-Taste bei der Tonfunk Violetta.
Es gab über einige Jahrzehnte Radios, die vor 1945 zusätzlich zum Langwellen-, Mittelwellen- und Kurzwellen-Empfang, sowie nach 1945 neben LW, MW, KW und UKW als Extra den Fernseh-Ton empfangen konnten.
Warum? Nun, es gab in den dreißiger Jahren einige frühe Fernsehgeräte, die OHNE Ton-Teil ausgestattet waren (es gab aber auch Geräte mit kompletten Tonteil). Die erstgenannten Modelle (z.B. Telefunken TF1) konnten allerdings schon FS-Ton liefern, aber nur über den Umweg der geräteinternen Umsetzung des Sender-Ton-Signals auf MW (1400 kHz). Zu dieser Zeit wurde der Ton noch in Amplitudenmodulation ausgestrahlt. Wollte man eine Fernsehsendung empfangen, wurde der Fernseher und das Radio eingeschaltet.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde um 1950 der UKW-Rundfunk eingeführt. Durch die dabei eingesetzte Frequenzmodulation konnte die Klangqualität gegenüber der auf LW, MW, KW genutzen Amplitudenmodulation deutlich gesteigert werden. Die in den Folgejahren immer mehr verbesserte Radiotechnik und der Konkurrenzkampf der Firmen brachte immer mehr technische Optionen hervor. Beispiele: Raumklang, Stereo, usw. Bald kam den Konstrukteuren die Fernsehton-Technik wieder in Erinnerung.
--> rechts: Prinzipbild eines Radios mit FS-Tonteil.
Betreibbar völlig ohne ein eventuelles Fernsehgerät.
So war es nur folgerichtig, dass bald nach Wiedereinführung des Fernsehens (um 1953) Rundfunkgeräte auf den Markt kamen, die als Zusatzleistung Fernseh-Ton empfangen konnten. Dafür war in aller Regel ein zusätzliches Empfangsteil nötig. Dazu muss man wissen, dass Fernsehen damals im Band I und Band III ausgestrahlt wurden, UKW-Rundfunk dagegen im Band II. Das waren von einander abweichende Bereiche. Das Fernsehsignal und das Tonsignal lagen pro TV-Kanal 1 - 12 immer um 5,5 MHz auseinander. Dabei war das TV-Signal AM-moduliert, das Ton-Signal FM-moduliert.
Ein Fernseh-Ton-Radio musste also im Fernsehbereich auf die dortigen Ton-Signale einstellbar sein. Da der TV-Empfangsbereich frequenzmäßig viel größer war, reichte hier nicht eine "einfache" Drehkondensator-Abstimmung, wie beim UKW-Tuner üblich. Wegen der großen Kanalsprünge von 7 MHz (7 MHz Kanalschritt x 12 Kanäle = 48 MHz Frequenz-Varianz, im Gegensatz zu UKW mit 87 - 100 MHz = 13 MHz) musste ein Kanalschalter genutzt werden, der die Schwingkreisspulen des FS-Tonteils wechselte. Die meisten FS-Ton-Teile konnten "nur" Band III empfangen, Ausnahme Elbia Filigran auch mit Band I ?
Man kann nun durchaus nach dem Sinn eines solches FS-Ton-Empfangs auch OHNE Fernseher fragen. Diese Option kam beim Publikum nicht besonders gut an. Obwohl: Es gab viele TV-Sendungen, wo auch der Ton an sich interessant war: Musik-Sendungen, Nachrichten, usw. Weiter war es auch eine Möglichkeit für Sehbehinderte und Blinde zumindest teilweise an dem neuen Medium teilnehmen zu können. Trotzdem, FS-Tonteile konnten sich nicht am Markt halten, zumal um 1960 noch langsam der Fernsehbereich Band IV und V (UHF) hinzukam und somit ein FS-Ton-Radio nun schon zwei Zusatz-Tuner benötigt hätte ...
Es wurden von der Industrie Versuche gemacht, Geräte mit festeingebauten FS-Ton-Teilen und mit nachrüstbaren Ton-Teilen anzubieten. Nicht alle Firmen sprangen auf den "FS-Ton-Zug" mit auf, einige kündigten Modelle zwar an, zur Markteinführung kam es dann nicht.
Nicht unerwähnt Radio-Fernseh-Kombinationen bleiben, die zumindest bei eingestelltem Fernseher über das ebenfalls eingeschaltete Radio der Truhe den Ton lauter und besser über die NF-Stufen des Radios wiedergeben konnten. Es gab auch Fernseher mit eingebautem Radio, die ebenso ausgerüstet waren. Unabhängiger TV-Ton (ohne Fernseher) war wohl nicht möglich.
Hersteller | Ankündigung | nicht realisiert | Geräte zum Einbau vorbereitet | FS-Ton fest eingebaut | Bemerkungen |
Elbia | ja | . | ja |
? |
Modell Filigran FS-Ton von Band I und Band III |
Grundig | ja | - |
ja
|
ja (z.B. 5010W) |
4035W, 4035W/3D, 4040W, 5040W, 5050W |
Krefft | ja | - |
ja, FS-ZF-Eingang (z.B. W539) Nicht "stand alone". |
- | - |
Philips | ja | ja, aber Tuner-Mustergeräte? |
- | - | - |
Saba | ja | ja | ja | - | z.B. Freiburg W III |
Sonata | ja | - | ? | ja (1) |
Modell Gibichenstein |
Tonfunk | ja | - | ja | ? |
z.B. Violetta W332
Varianten: (2) in Verbindung mit Tonfunk-Fernsehgeräten. |
? | ? | ? | ? | ? | ? |
Saba Freiburg W III: Oben rechts ist die Anschlußleiste für das FS-Ton-Signal zu sehen.
Das nachzurüstende FS-Tonteil sollte ein 10,7 MHz ZF-Signal bereit stellen.
Saba hat das Gerät einschließlich der Umschalttaste und der Skala für FS-Ton vorbereitet,
aber tatsächlich wohl keine Tuner auf den Markt gebracht.
... mehr zur Schaltung des Freiburg W III hier.
Ergänzungen:
(1)
Fernsehton-Teil für Rundfunkgerät "Gibichenstein" von Sonata (Niemann u. Co), 1956.
Prinzipiell ist das ein Fernseh-Tuner für das TV-Band III (12 Kanäle), der lediglich eine angepasste
Zwischenfrequenz von 10,7 MHz erzeugt (der UKW-ZF des Radios).
Blau umrahmt sind die per Trommeltuner wechselbaren Spulensätze pro Kanal.
Die Schaltung nutzt die gut verstärkende Kaskode-Eingangsstufe mit in Reihe geschalteten
VHF-Trioden der ECC84. In Stellung FS-Ton wird das ZF-Signals dieses Tuners statt des Signals des UKW-Tuners genutzt.
(2)
Die Firma Tonfunk ging zwei Wege beim Fernsehton-Empfang:
a) Einbau eines FS-Ton-Tuners mit einer ZF von 10,7 MHz (z.B. bei der Violetta).
b) Einem Tonfunk-Bildgerät wurde ein 21 Mhz-ZF-Signal entnommen und im Radio in der
eigentlichen Mischstufe mit 31,7 MHz zu 10.7 MHz gemischt.
03.03.2017
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